Die fehlenden Verknüpfungen in der Sportanalytik
Unsere Partner und Freunde des FC Barcelona luden Sportanalytik-Pioniere, Trainer und Technologieanbieter aus aller Welt zum zweiten FC Barcelona Sport Technology Symposium 2016 ein.

Barcelona — Bei der hochinnovativen Veranstaltung gehörten Vertreter von großen Sport-Ligen und ‑Verbänden (FIFA, UEFA, NFL, NBA), führenden Sportorganisationen (Juventus Turin, Manchester United, Manchester City, PSV Eindhoven) und Forschungseinrichtungen (Cornell University, German Sports University Köln) zu den Referenten. In den letzten Jahren hat die Sportanalytik einen enormen Aufschwung erlebt. Dabei spielen Tracking-Systeme mittlerweile eine tragende Rolle, indem sie die Leistung von Einzelpersonen und Teams während des Spiels und Trainings erfassen und analysieren. Bei der Konferenz ging es jedoch eindeutig nicht (nur) darum, den EInfluss der Sportanalytik zu verinnerlichen, sondern vielmehr darum, was in der Leistungsanalyse noch fehlt. Und darüber hinaus, wie wir uns verbessern können, um den (potenziellen) Wert von Leistungsdaten in Zukunft voll auszunutzen.
Was fehlt also noch?
Kontextbasierte Leistungsanalyse
Körperliche Aktivität wird oft als homogene Metrik behandelt, jedoch nicht im Kontext der Spieldynamik, der Position der Spieler oder der spezifischen Spielsituation betrachtet. Wie lässt sich diese Problematik angehen? Teilweise durch die Verwendung von Positionsdaten. Für offizielle Spiele in den großen Fußballligen stehen Positionsdaten mittels optischer Trackingsysteme (z.B. Premier League, La Liga und Bundesliga) zur Verfügung. In diesem Fall fehlen jedoch viele körperliche Leistungsvariablen aufgrund fehlender Sensordaten (in der Vergangenheit wurde das Tragen von Sensoren bei offiziellen Spielen von den meisten Verbänden und Ligen nicht erlaubt). Beim Training läuft dies wiederum umgekehrt. Viele Clubs verwenden Wearables, besitzen jedoch keine Lösungen, die eine Lokalisierung der Daten ermöglichen.
Dennoch sind GPS-Systeme im Training momentan noch vorherrschend. Diese Situation wird sich allerdings in Zukunft ändern, da Echtzeit-LPS-Lösungen — wie KINEXON — bereits am Markt verfügbar sind und zunehmend an Dynamik gewinnen. Aber was ist das Besondere daran, Positionsdaten zur Leistungsanalyse heranziehen zu können? Positionsdaten während des Trainings ermöglichen eine neue, kontextbezogene Analyse der körperlichen Anforderungen des Sports. Hat der Mittelfeldspieler im Fußball eine höhere Aktivität in offensiven oder defensiven Spielaktionen? Wo auf dem Spielfeld müssen die Spieler die stärksten Beschleunigungen durchführen?
Eine noch größere Wirkung hat das Balltracking im Training. Das Balltracking ermöglicht die automatische Erkennung von Ballbesitz oder spezifischen taktischen Situationen (z.B. Gegenangriffe oder Pressing). Coaches können dies mit körperlichen Anforderungen wie Beschleunigungen, Richtungsänderungen und Sprüngen in Verbindung setzen. Die immer breitere Anwendung des Balltracking eröffnet ein neues Kapitel in der Leistungsanalyse auf täglicher Basis. Bei KINEXON konzentrieren wir uns stark auf die Entwicklung zuverlässiger Ball-Tracking-Informationen und intelligenter Algorithmen, um Daten für Echtzeit-Einblicke zu analysieren.
Teamdynamische Analysen
Durch die Analyse der Positionsdaten von Spielern und Ball erhalten Trainer und Sportwissenschaftler einen besseren Einblick in die taktische Dynamik des Spiels. „Heute konzentrieren sich die Statistiken zu sehr auf die Einzelsportler, aber wir sollten uns die gemeinsame Leistung von Positionsgruppen und Team genauer ansehen“ (Ignacio Torreno, Sportwissenschaftler und Assistenztrainer beim ACF Fiorentina). Die Analyse der Dynamik des Spiels wird zu neuen Leistungsindikatoren im Sport führen. Wie bewertet man die taktische Intelligenz von Spielern?
Was ist oder wäre die optimale Route bei einem Gegenangriff gewesen? War es die richtige Entscheidung, den Ball zu passen, oder hätte der Stürmer in besser in die 1‑gegen-1-Situation gehen sollen? Neue Metriken wie passed-by-Spieler (Packing), Passgenauigkeit unter Druck oder die Intensität im Pressing eröffnen neue Perspektiven zur Bewertung der Leistung von Spielern und Teams unter Berücksichtigung der Dynamik des Spiels.
Mit Positionsdaten der Top-Ligen, die bereits heute für offizielle Spiele genutzt werden können. Allerdings besteht für die meisten Vereine diese Möglichkeit noch nicht im Training. Die neue Generation von LPS-Lösungen ist jedoch in der Lage, verschiedene Situationen des Spiels unter Berücksichtigung der Dynamik aller Spieler in Echtzeit automatisch auszuwerten.
Mit zunehmendem Datenvolumen und zunehmenden Analysemöglichkeiten steigt jedoch die Komplexität, um diese Informationen zu verwerten. Wie Daniel Memmert (Professor an der Deutschen Sporthochschule Köln) in seinem Vortrag über neue Grenzen der taktischen Analyse von Positionsdaten erklärte: „Wir brauchen mehr ausgebildete Sportwissenschaftler und Trainer, die bereit sind, die wertvollen Daten, die wir gesammelt haben, zu lernen und zu analysieren. Zwischen den Möglichkeiten großer Datenmengen und den Fähigkeiten der Nutzer besteht noch eine Lücke.“
Einfachheit
Der Bedarf nach mehr Aufklärung über Datenanalysen bringt mich zu einer der größten Herausforderungen der heutigen Leistungsanalytik: der Benutzerfreundlichkeit von Sportanalyse-Tools. Auch wenn wir mehr Sportwissenschaftler und Trainer brauchen, die Daten zu analysieren und zu interpretieren, haben wir als Technologieanbieter die Verantwortung, brauchbare Erkenntnisse zu liefern, um den Trainern zu helfen, bessere Entscheidungen zu treffen. Für professionelle Coaches sind Leistungsdaten nur ein Bestandteil des komplexen Erfolgsrezeptes. Aus diesem Grund müssen wir Leistungs-Analysen (basierend auf Tracking-Daten) auf einfache und benutzerfreundliche Art und Weise anbieten. Coaches benötigen schnell und übersichtlich Einblicke.
Ruud van Elk, Sportwissenschaftler bei der ersten Mannschaft des PSV Eindhoven, fasst die Anforderungen an eine Tracking-Lösung zusammen: zuverlässig, einfach, transparent und schnell. Coaches wollen nicht tagelang auf Analysen warten und sie haben nicht die Zeit, stundenlang Leistungsstatistiken zu studieren, um zu verstehen, was diese tatsächlich bedeuten. Eine klare und einfache Visualisierung der Erkenntnisse ist der Schlüssel zur Akzeptanz der Entscheidungsträger im Profisport. Nur wenn es uns gelingt, wertvolle Erkenntnisse auf einfache und eindrucksvolle Weise zu vermitteln, haben mehr Coaches (auch erfahrene) die Möglichkeit, die Analytik für ihre Entscheidungsprozesse zu nutzen. Technologie sollte niemals um der Technologie selbst willen eingesetzt werden. Innovation und die tägliche Umsetzung neuer Technologien in Sportorganisationen müssen durch Coaches und ihre Forderung nach wertvollen Erkenntnissen über die Leistung der Spieler und des gesamten Teams erfolgen.
Unser Team nimmt sich den Hinweisen und Anmerkungen unserer Partner, Kunden und Anwender an, die wir in Barcelona erhalten haben. Die Revolution der Sportanalytik ist ein langer Prozess, und wir alle haben bisher nur an der Oberfläche der Möglichkeiten gekratzt.



